Auckland – Der künstlich erzeugte Schmelztiegel des Nordens, Teil 2

Also dann, auf zur zweiten Runde in diesem abgefahren-merkwürdigen Konstrukt names Auckland.

Falls sich jetzt der eine oder andere über das fotografierte Schild, welches über diesem Beitrag thront, wundert – tatsächlich herrscht in ganz (wobei, ich bin mir nicht hundertprozentig sicher) Auckland ein öffentliches Trinkverbot. Auch das dürfte dem gemeinen Deutschen eher spießig vorkommen, allerdings gibt es dafür durchaus plausible Gründe. Dank des Lehrers von meinem Barkeeper-Grundkurs kenne ich diese auch: So gibt es diese öffentlichen Alkoholverbote, zumindest in Neuseeland, erst seit einigen Jahren. Hier ist es so, dass Alkohol in Supermärkten und „Liquor Shops“ (Spezielle Läden, in denen man höherprozentigen Alkohol kaufen kann. Diesen gibt es in NZ nicht im Supermarkt.) relativ günstig zu erwerben sind, wohingegen die Preise in Bars und Clubs astronomisch sind (die billigen Biere kosten 7 $, die teuren dementsprechend mehr). Demzufolge wurde in der Vergangenheit immer heftigst vorgeglüht – meistens unterwegs – , um möglichst wenig Geld in den Bars zu lassen. Daraus entstanden eine große Anzahl an Straßenschlachten, Vandalismusdelikten und dergleichen, da die Menschen häufig schon völlig durch waren. Die einzige Handhabe, die der Staat in diesem Moment hat, ist ein öffentliches Alkoholverbot. Dieses System funktioniert mehr oder weniger recht gut, denn zusätzlich dazu wird einem kein Alkohol mehr ausgeschenkt, wenn die Angestellten hinter eine Theke bemerken, dass eine Person zu betrunken ist. Dennoch herrscht natürlich ausgelassene Stimmung auf den Straßen, nur halt, ohne direkt dabei zu trinken – zumindest, solange die Polizei nicht hinschaut.

Ein Hobby, das sich in Auckland und wahrscheinlich ganz Neuseeland großer Beliebheit erfreut, ist das Skateboarden. Aucklands große Betonflächen, Steigungen, Verwinklungen und Stufen bieten einen idealen Raum dafür. Jeden Tag, wenn ich in der Stadt unterwegs bin, sehe ich zwischen 5 und 15 Skateboarder, also weit mehr, als mir bisher in Berlin begegnet sind. Sogar auf Landstraßen sieht man sie manchmal. Es muss hier dafür einen riesigen Markt geben, und es gibt vereinzelt auch ausgewiesene Betonflächen, die offiziell für Skateaktivitäten ausgewiesen sind. Im Gegensatz dazu sind Radfahrer eine seltene Spezies, die von jedermann belächelt wird. Aucklands Radfahrer leben sehr viel gefährlicher als in z. B. europäischen Ländern: Von Fahrradwegen oder gar -ampeln hat man hier nie etwas gehört, und dabei wird es in naher Zukunft auch bleiben. Es gibt nur sehr wenige Fahrradläden außerhalb des CBD, die auch eher kümmerlich besucht sind. Die Radfahrer, die man sieht, sind meistens richtige Radsportler mit kompletter Ausrüstung, Jugendliche oder dergleichen sieht man fast gar nicht. Und man muss definitiv sportlich sein, um einige der hier ansässigen, haarsträubenden Steigungen hochzufahren!

Während man in Deutschland für Datenschutz, gegen Überwachung, korrupte Politiker und (vermeintlich) unsinnige Bauwerke demonstriert, kratzt sich der Kiwi ratlos am Kopf. Sobald man die Straße verlässt und ein öffentliches Gebäude oder Verkehrsmittel betritt, kann man davon ausgehen, beobachtet zu werden. Busse, Züge, Restaurants, Clubs, Bars, (größere) Läden – sie alle haben Kameras, und das deutlich mehr als in Deutschland. Die Toleranz für diese großflächigen Überwachungsmaßnahmen scheint in großem Maße von Mütterchen England herübergeschwappt zu sein, zu dem Neuseeland auch heute noch eine sehr enge Bindung besitzt. De facto sind einzigen Demonstrationen, von denen man überhaupt was liest oder hört, gegen Tierversuche und Massentierhaltung gerichtet, ansonsten scheint man hier ziemlich zufrieden zu sein – zumindest mit den meisten Dingen. Ich schätze aber, dass diese Kamerafülle auch eher auf den Großraum Auckland zurückzuführen ist, da ich mich an keine in Paihia, einem kleinem Küstenort im Norden, den ich besucht habe, erinnern kann.

Was also ist die Quintessenz des Ganzen? In meinen Augen ist Auckland ein künstlich geschaffener Minimoloch, der alle Großstadteigenschaften in sich vereinen soll, sich daran aber häufig auf Grund seiner Kapazitäten übernimmt. Man möchte der Welt zeigen, „Hey, das hier ist Auckland, du kannst hier alles einkaufen, 7 Tage die Woche Party machen, arbeiten und gut leben!“ Um das zu erreichen, wurde die Infrastruktur dementsprechend hochgezogen – ob passend oder nicht -, der Verkehr eingerichtet – der nicht wirklich gut funktioniert – und Leute aus aller Welt hierher geholt – die machen was sie wollen. Um nicht nur zu tadeln, gibt es auch die guten Seiten: Die Stadt ist eine Hochburg für junge Menschen, hat kulinarisch einiges zu bieten oder ist bspw. ein guter Ausgangspunkt zum Reisen innerhalb Neuseelands. Was fällt auf? Richtig, alles Sachen, die andere Großstädte auch bieten können. 😛 Auckland fehlt es an eigenem Charakter, was wohl der Grund für meine Wahrnehmung ist. Zu behaupten, man könne seinen Alltag hier nicht anständig bestreiten, ist aber auch gelogen. Daher werde ich das Beste aus meiner Zeit hier machen, auch wenn ich hier nicht auf Dauer leben möchte! 😉

2 thoughts on “Auckland – Der künstlich erzeugte Schmelztiegel des Nordens, Teil 2

  1. nebun

    …na klingt doch alles in allem garnicht so schlecht.

    Das der eigene Charakter fehlt ist nachvolliehbar, klingt für mich alles so wie ich mir Amerika vorstsell, bzw. wie ein nicht so alternatives London. Verstecken die Leute ihren Alkohol eigentlich in Papiertüten und trinken aus denen, wie das in Amerika der Fall ist?

    Die Unmengen von skatern stell ich mir recht cool vor. In Berlin hast du an den richtigen Orten auch immer mal wieder welche, nur halt nicht auf den Straßen, aber in den Parks/ Alex/ Warschauer Straße sind eigentlich reichlich – gepaart mit der Aussage das Neuseeland nen Auto-Land ist, kann man wohl nur sagen das die halt lieber 4 als 2 Rädern vertrauen. 😉

    Wie sieht es den eigentlich generell mit Parks/ Grünanlagen aus?

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    1. henning Post author

      Hey,

      ich würde nicht sagen, dass es wie Amerika ist. Eher eine halbgare Kopie mit ein paar eigenen Regeln 😀 Bisher hab’ ich keine Leute gesehen, die Alkohol verstecken, oder er war so gut versteckt, dass ich’s nicht gesehen habe! Ich denke aber schon, dass das einige Leute machen werden.

      Die “Skaterbewegung”, wenn man es denn so nennen kann, ist in meinen Augen nicht mit Berlin vergleichbar. Hier gibt es echt viel mehr.

      Grünanlagen gibt es hier weniger. Es gibt einige wenige, recht kleine Parks mit ein paar Bäumen, Wiesen und Spielplätzen, aber sowas wie z. B. die Hasenheide wird man hier nicht finden. Außerdem halt noch die erloschenen Vulkane der Stadt, die halt auch bewachsen sind.

      Aber sobald man die Stadt mit dem Auto verlässt, kommt sehr zügig in die schöne Natur, und ich vermute, dass es viele Kiwis so halten.

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