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Von der Schwierigkeit, Kiwis als Freunde zu gewinnen

Es handelt sich um einen ziemlich starken Kontrast. Wenn wir uns auf eine Gegebenheit in Neuseeland konzentrieren, von welcher zuhause in Mitteleuropa geschwärmt wird – zumindest wenn wir von Deutschen, aber sicherlich auch von einigen anderen unserer Nachbarn sprechen –, dann ist das vermutlich nicht unbedingt die spektakuläre Landschaft, sondern die Freundlichkeit der Kiwis.

Man kommt sofort ins Gespräch, wird eingeladen zum angeln, essen, jagen oder was auch immer vor Ort möglich ist, und kriegt auch sofort Hilfe angeboten, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Eigentlich sweet as, oder?

Nun ja: Solange es bei dieser oberflächlichen Bekanntschaft bleibt, ist alles knorke. Darüber hinaus kann es aber schwierig sein, wie meine Erfahrung zeigt.

Wenn man als relativ ungebundener, junger Mensch aus einem nicht-anglophonen Land erstmal eine Weile in einer neuseeländischen Kleinstadt lebt, kann man unter Umständen feststellen, dass sich die „Integration“ mit der tatsächlich einheimischen Bevölkerung deutlich schwieriger darstellt als erwartet. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich keinen einzigen Kiwi in meinem Alter meinen Freund nennen kann; mit anderen jungen Immigranten jedoch scheint das ohne Probleme zu klappen. Dank meines Aufenthaltes in Neuseeland habe ich jetzt gute Freunde aus Belgien, Dänemark, Slowenien, Spanien und sogar dem Iran, aber keinen, der tatsächlich aus Neuseeland stammt.

Woran liegt das? Ich dachte zunächst, dass es einfach an mir liegt, dass ich nicht offen genug an die Leute herangehe. Nachdem mir das aber auch von vielen anderen Immigranten – durchaus auch welchen, die auf Grund von Arbeit/Studium/Hobby die Gelegenheit hatten, Kiwis in ihrem Alter kennenzulernen – berichtet wurde, muss ich mich doch schon ein wenig wundern.

Sind wir am Ende doch zu verschieden? Eine Weile lang bin ich in einer Fahrgemeinschaft mit einem Einheimischen in meiner Altersgruppe zu und von der Arbeit gependelt, aber richtig eine Verbindung schienen wir nie aufbauen zu können. Häufig war er nicht für die Fahrgemeinschaft zu haben, obwohl ich ein bis zwei Tage Vorwarnung gab; Freizeitaktivitäten wurden abgelehnt, weil die Zeit schon anderweitig belegt wäre; oder aber es gab schlicht gar keine Antwort.

Gut, sagte ich mir, ich bin vermutlich einfach nicht der Typ Mensch, mit dem er gut auskommt. Später, in einer anderen Zweigstelle meiner Firma, habe ich dann frische Uni-Absolventen kennengelernt, und denen ebenfalls Fahrgemeinschaften und Teilnahme an Freizeitaktivitäten angeboten: Wieder vertröstende oder ausbleibende Antworten.

Jetzt könnte jemand sagen: Du wohnst halt „nur“ in Rotorua. Das stimmt zum Teil, scheint es doch zwischen Oberstufenabgängern und Mittdreißigern eine große Lücke bei den Einheimischen zu geben – nicht ganz überraschend bei den begrenzten Arbeitmöglichkeiten. Ich habe aber so meine Zweifel, ob das anderswo im Land außerhalb der urbanen Zonen besser ist. Studiert man in Auckland, Christchurch, Wellington oder aber Dunedin, dann gibt es vermutlich deutlich bessere Chancen als Mittzwanziger…wer weiß.

Ich verstehe mich gut mit vielen Arbeitskollegen, allerdings hat die absolute Mehrheit davon die 40 bereits überschritten und üblicherweise zwei, oft aber auch mehr Kinder im Haus, die selten über 18 Jahre alt sind – wie gut die Chancen für Wochenendaktivitäten zwischen ihnen und mir daher stehen, erklärt sich von selbst (an der Stelle fällt mir auf, dass (europäischstämmige) Kiwis meist recht spät Kinder bekommen).

Ein fünf Jahre alter Artikel auf Stuff bestätigt dass ich nicht ganz alleine bin, man findet auch Foren und andere Frage-/Gemeinschaftsseiten im Netz, auf denen Immigranten ein ähnliches Leid beklagen. Mancherorts wird sogar behauptet, Kiwis seien „insular“, also bleiben unter sich: Da ist schon was dran. Aber da ist auch die andere Seite der Medaille: Es gibt ebenso viele, die es zumindest nach einigen Jahren geschafft haben. Einwandernde Familien scheinen etwas leichteres Spiel zu haben, da diese bedingt durch die Kinder andere Familien in Schulen usw. kennenlernen.

Dass es auch in meiner Altersgruppe anders laufen kann weiß ich aus erster Hand, da ich einige deutsche Mädels beim Herumreisen kennengelernt habe, die sich einen Kiwi-Freund angelacht hatten. Da kommt dann fast schon automatisch der Freundeskreis des erwählten Mannes mit in das Leben der deutschen Jungfer – verständlich und nachvollziehbar. Andererseits habe ich auch zwei Deutsche in Rotorua kennengelernt, die interessanterweise ein ähnliches Verhalten wie die Kiwis an den Tag gelegt hatten. Dazu kam der Fakt, dass sich geweigert wurde, Deutsch mit mir sprechen, wann immer es möglich war…so auch beim Textnachrichten mit dem Handy schreiben. Dementsprechend schnell verlief sich der Kontakt im Sand, und ich stand da, wo ich vorher auch war.

Noch kurz zu meiner Formulierung „nicht-anglophon“ in einem der Absätze oben: Menschen aus Irland, Großbritannien, den Vereinigten Staaten, Kanada und natürlich Australien scheinen mit der ganzen Sache deutlich weniger Schwierigkeiten zu haben; es gibt scheinbar doch viele Unterschiede zwischen uns „Westerners“.

Ich fange bald an, ehrenamtlich für DOC zu arbeiten, vielleicht erlaubt mir das ja eine Änderung der Situation. Der Beitrag wird dann ggf. aktualisiert. Lange Rede, kurzer Sinn: Wollt ihr nach Neuseeland als junge, neugierige Menschen, überlegt euch gut, wie ihr Kontakte knüpft – insbesondere, wenn ihr vorhabt, außerhalb der urbanen Zentren zu wohnen.

Kommentare sind wie immer gerne gesehen. Man liest sich!

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