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Datenschutz in Neuseeland: Alltag

Den Neuseeländern wird nachgesagt, dass sie alles etwas lockerer angehen – in der Regel ist dem so, unabhängig davon, ob es sich um das eigene, private oder professionelle, berufliche Leben handelt. Diese Eigenheit, verbunden mit genereller Offenheit für neue Technologien und dem „Gehorsam“, den großen angelsächsischen Brüdern England (bzw. UK) und den Vereinigten Staaten hin und wieder nachzueifern, bringen eine interessante Dynamik in das Thema Datenschutz: Während es an wenigen Fronten dramatisch aussieht, ist es überwiegend wunderbar einfach, den Datensammlern zu entgehen; nicht zuletzt, weil davon eher wenige in Neuseeland ansässig sind. In diesem Beitrag möchte ein buntes Allerlei zu dem Thema aus dem Alltag in Neuseeland zusammenfassen – auch für Leute spannend, den Datenschutz nicht am Herzen liegt, aber an Eigenheiten des Lebens in Aotearoa interessiert sind!

Finanzen/Geld ist ein gutes Thema zum Einstieg, und vermutlich auch der Abschnitt, der die meisten Leute betreffen wird. Lasst mich mit dem Eröffnen eines Bankkontos beginnen: Verglichen mit Deutschland ist das ein Spaziergang. Während manche deutsche Banken, bzw. ausländische Banken mit Filialen in Deutschland, mittlerweile richtig frech werden – die Santander Consumer Bank zum Beispiel, die für eine Kontoeröffnung Informationen wie den Familienstand und die genaue Berufsbezeichnung verlangen –, ist alles, was man in Neuseeland benötigt, ein Addressnachweis sowie ein amtliches Ausweisdokument (für Neuankömmlinge also nahezu immer der Reisepass). Name und Adresse, Geburtsdatum. Meiner Meinung nach muss das auch reichen, ansonsten drängt sich mehr schnell der Verdacht auf, dass ein Kreditinstitut mich möglicherweise diskriminieren will…wozu sonst bräuchte man den Familienstand? Sei’s drum, zurück zu den Banken in NZ. Mehr wird nicht gebraucht! Naja, fast: Das war 2013 bei meiner Ankunft so, hat sich aber scheinbar mittlerweile geändert, wenn man auf meine „Kollegen im Geiste“ bei Kiwiquest hört – einen Arbeitsnachweis verlangen manche Banken nun wohl auch! Bis vor ein paar Jahren konnte man sogar bestimmte Kontotypen ohne Umschweife bereits aus dem Ausland eröffnen, dieses wurde aber mit dem „Anti-Money Laundering and Countering Financing of Terrorism Act 2009“, welches 2013 in Kraft getreten ist, scheinbar deutlich eingeschränkt. Für Leute, die auch mit Australien liebäugeln: Dort scheint das, zumindest bei Westpac, noch möglich zu sein. Ich kann nicht aus Erfahrung sprechen, da ich selbst erst nach Ankunft in NZ ein Konto eröffnet habe. Übrigens bekommt man seine, m. E. stets kostenlose, EFTPOS-Karte (das neuseeländische Äquivalent zur deutschen Girocard, im Volksmund „EC-Karte“) sofort nach einigen Minuten in die Hände gedrückt; warten auf einen Brief ist nicht nötig. Zum Bezahlen im Land generell habe ich bereits im vorherigen Beitrag dieser Serie etwas geschrieben.

Wenn man jetzt ein Konto und idealerweise auch Geld hat, kann man sich also an das Ausgeben machen. Einkaufen funktioniert selbstverständlich wie überall in der Welt. Bei bestimmten Dienstleistungen oder aber in Möbel-/Elektronikhandelsgeschäften wird schon mal gerne nach Name und Adresse gefragt – auf Nachfrage, warum das nötig sei, reagieren die Kiwis dann schon mal etwas verdutzt, weil sie selber i. d. R. ohne Umschweife die verlangten persönlichen Daten herausgeben würden. Gibt man dann zu Protokoll das einem Privatsphäre wichtig ist und die Daten nicht für die Transaktion von Nöten sind, wird dies normalerweise problemlos akzeptiert: So bin ich bei der Werkstatt meines Vertrauens für den Ölwechsel schlicht als „Henning“ mitsamt meiner Handynummer gelistet. Das geht sogar soweit, dass Rechnungen auf diese Weise nach Hause geschickt werden (wenn dem Unternehmen die eigene Adresse bekannt ist). Die Postboten verweigern dann also nicht die Zustellung, wie dies mit hoher Wahrscheinlichkeit in Deutschland der Fall wäre (wenn das nicht stimmt, bitte einen Kommentar hinterlassen!).

Richtig bequem wird es beim Erwerb einer Prepaid-SIM-Karte für das eigene Mobiltelefon: Kaufen, reinstecken, aktivieren – alle drei Schritte lassen sich in weniger als 10 Minuten durchführen, und es werden keinerlei Daten für die Aktivierung benötigt. Demnach können alle Prepaid-SIM-Karten anonym genutzt werden, sofern man sie nicht auf der TelKo-Unternehmenswebseite registriert oder aber über eine personalisierte Zahlungsmethode (z. B. Kreditkarte auf eigenen Namen oder Banktransfer) auflädt. Manuell aufladen, sagt jetzt manch einer, ist doch voll unbequem? Kommt auf die Betrachtungsweise an. Mir ist noch kein Spätkauf („Dairy“) untergekommen, der keine Aufladegutscheine verkaufen würde, und Dairies gibt es selbst in verhältnismäßig kleinen Gemeinden – Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel.

Bekanntermaßen gibt es kein Meldewesen in Neuseeland, dennoch weiß die Regierung über Umwege (Finanzamt, Gemeindeämter, Autoregistrierung, Einwanderungsbehörde) natürlich alles über einen, was sie wissen muss. Das ist auch Rechtens so, da einem in Neuseeland meines Wissens nach nicht anderweitig hintergeschnüffelt wird und Datensätze der Bürger nicht einfach verkauft werden, so wie das traurigerweise mit den Melderegistern in Deutschland der Fall ist. Eine datenschutztechnische Katastrophe, die auf das Konto der Politik geht, gibt es aber dennoch: Die Electoral Roll, also die Wählerliste. Jeder in Neuseeland Ansässige, der befugt ist zu wählen (also alle „Residents“ sowie Staatbürger, die derzeit auch tatsächlich im Land wohnen) sind per Gesetz verpflichtet, sich auf die Wählerliste ihres Wahlbezirks einzutragen. Die Wählerliste ist vollständig einsehbar für jedermann und enthält den vollen Namen, die Adresse und den Beruf der eigenen Person. Lediglich das Geburtsdatum darf nicht ohne weiteres eingesehen werden; es existiert auch eine „Unpublished Roll“, also eine Liste, dessen Namen nur für die Regierung einsehbar ist, allerdings muss man nachweisen, dass (vereinfacht und sinngemäß, nicht notwendigerweise juristisch korrekt) Gefahr für das eigene Leib und Leben besteht, um seinen Namen auf diese zu bekommen. Nach etwas Internetrecherche scheinen die Kiwis diesen Umstand überwiegend zu Nutzen, um ihre Vorfahren zu recherchieren, aber ich sehe darin natürlich ganz andere Gefahren. Ich schätze, dass es in der modernen Geschichte Neuseelands keine Vorfälle diesbezüglich gab, aber nur weil nie jemand eingebrochen ist, wenn ich meine Haustür unbeaufsichtigt aufgelassen habe, heißt das nicht, dass das nicht noch passieren kann. Vielleicht bin ich auch einfach nur paranoid, ihr dürft euch eure eigene Meinung dazu bilden!

Das Folgende betrifft nur diejenigen, die schon eine Weile in Neuseeland leben und das „Deutschsein“ gegen das „Kiwisein“ eintauschen sowie die wenigen Glücklichen, und erfolgreich eine Beibehaltungsgenehmigung in Deutschland beantragt haben, um neben der deutschen die neuseeländische Staatsbürgerschaft anzunehmen: Für die Beantragung des neuseeländischen Reisepasses müssen im Gegensatz zu den EU-Ländern (mit Ausnahme des Vereinigten Königreichs und Irlands) keine Fingerabdrücke abgegeben werden. Man muss nicht einmal persönlich vorstellig werden, sondern kann den Pass ganz bequem vom heimischen Computer oder Smartphone ordern – der einzige, für Deutsche ungewöhnliche, Umstand ist, dass man einen Bürgen braucht, der selbst bereits einen Kiwi-Reisepass besitzt; aber das dürfte für keinen legalen Einwanderer ein Problem sein. In der Hinsicht ist man also der EU freiheitlich um einiges voraus – ein Armutszeugnis für Letztere, wirklich.

Wenn wir gerade beim Thema Fingerabdrücke sind: Es gibt ein paar Fitnesstudios in Neuseeland, die auf diese Weise ihre 24 Stunden-Verfügbarkeit realisieren. Da man bei Fitnessstudios keinen guten IT-Schutz erwarten kann, würde ich mir das dreimal überlegen. Es gibt viele unabhängige Studios, bei denen es andere Lösungen gibt, also einfach mal umschauen.

Als Letztes geht es um das Telefonieren – das Anrufen von Firmen, um genau zu sein. Sobald man in Neuseeland an eine etwas größere Organisation gerät, hört man in der Regel folgendes von der Bandansage: „Thank you for calling [X]. This call may be recorded for quality and training purposes.” ALS OB! Standard ist das natürlich bei vielen amerikanischen Firmen/Ketten, die in Neuseeland so gastieren. Aber auch eine steigende Anzahl von Kiwi-Unternehmen haben das mittlerweile im Repertoire, und man darf sich von der blumigen Wortwahl nicht täuschen lassen: „may“ bedeutet hier natürlich „will“ (bei manchen Firmen wird sogar „will be recorded“ wortwörtlich verwendet) und nein, Einspruch wie in Deutschland kann man hier in der Regel keinen erheben. Auf Anhieb fällt mir nur die Billig-Fluglinie Jetstar ein, bei welcher man um die Abschaltung der Aufnahme vor Gesprächsbeginn bitten kann. Was mit den Aufnahmen geschieht, weiß natürlich niemand, aber ich denke, die wenigsten Firmen werden diese tatsächlich für Qualitätskontrolle verwenden – man möge mich korrigieren, wenn ihr konkrete Informationen dazu habt (gerne auch aus anderen Ländern).

Dies sind erstmal die Punkte, dir mir konkret eingefallen sind. Ich werde diesen Beitrag eventuell eines Tages erweitern oder einen zweiten Teil schreiben. Bis dahin und danke für’s Lesen!

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